Meine Cyclassics 2012

Die diesjährigen Vattenfall Cyclassics fielen genau auf meinen 50. Geburtstag. Es mag nicht selbstverständlich sein, an seinem Geburtstag ein Radrennen zu bestreiten statt zu feiern – für mich war es eine Feier.

Die Anfahrt am Samstag war es aber leider nicht. Bei Abfahrt zeigte das Navi eine Gesamtfahrzeit von Jena bis Hamburg von knapp über 4 Stunden an, zum Schluß waren es über 8 Stunden. Eine gute Stunde auf meiner „Lieblingsautobahn“ A2 vertrödelt – ein Tanklastzug hatte sich quergelegt – und 3 (drei!!!) Stunden vor und in Hamburg. Diverse Baustellen, die Cruise-Days und eben die Vattenfall Cyclassics waren zuviel für die A7 und angrenzende Straßen. Eigentlich wollte ich mir auf der Messe ein paar neue Rennräder anschauen und vor allem auch mal anfassen, das mußte aber leider ausfallen. Immerhin hat es für die Akkreditierung noch gereicht.

Die Pasta-Party habe ich mir erspart. Bei allen Rennen zuvor glänzte die angebotene Pasta nicht gerade durch lukullische Extravaganz, es roch und schmeckte eher nach kostenoptimierter Großküche. Meine Pasta-Party fand im sehr kleinen Kreis – Schatzi und ich – im Schanzenstern Biorestaurant statt. Alles bio und richtig lecker, da muß man sich nicht vor Tim Mälzer gleich um die Ecke verstecken. Als Herberge hatten wir uns ein NH-Hotel herausgesucht, nicht gerade kontoschonend, aber dafür alles bestens und auch für Cyclassics-Teilnehmer nur zu empfehlen. In der Nacht noch eine ordentliche Packung Weintrauben reingezogen, das war’s dann mit den Vorbereitungen.

Im Frühstücksraum traf sich dann am Renntag eine ordentliche Horde Radsport-verrückter, um ein letztes Mal Kohlenhydrate zu bunkern. Es standen dann auch schon ein paar Rennräder herum, Grund genug, den Puls schon mal ein wenig nach oben zu treiben. Immerhin war es mein erstes Rennen in diesem Jahr. Umziehen, das ganze süße Wettkampfzeugs am Rennrad verstaut, Abfahrt Richtung Mönckebergstraße.

Die Ersten waren schon da. Startblock J, immerhin gegenüber 2011 zwei Blöcke nach vorn. Nach welchen Gesichtspunkten die Teilnehmer in die Startblöcke verteilt werden scheint unklar, denn wie sich im Rennen herausstellte waren deutlich schwächere Fahrer in den Startblöcken vor mir und auch deutlich stärkere hinter mir. Na egal, es war jedenfalls warm genug, um nicht in der Startaufstellung zu frieren. Immerhin dauerte es noch eine halbe Stunde bis zum Start, eine endlose halbe Stunde.

Bis dahin hatte ich noch mit einem kleineren Ärgernis zu kämpfen. Ich hatte mein Garmin Edge 500 schon am Hotel gestartet und stand nun in der Startaufstellung mit 5 km, ein paar Minuten und einer lausigen Geschwindigkeit auf der Uhr. Und genau da wollte mein Garmin auch weiterzählen. Irgendwie hatte ich wohl was in der Bedienungsanleitung übersehen, ich fand keine Möglichkeit, das nun kommende Rennen als eigene Aktivität zu starten. (RESET, wie ich jetzt weiß …) Noch schnell einen Riegel eingeworfen, lecker Gel hinterher, Geschmacksrichtung eingedampfter Gummibärchensaft. Muß sein.

Und dann geht es endlich los, etwas Bewegung vor uns, näher kommend, das Klicken der Pedale, anrollen, stocken, weiterrollen, die letzten Pedale im Feld sind in Position – es geht los!

In der Mönckebergstraße wird eher gerollt, man rutscht noch ein wenig auf dem Sattel hin und her, winke-winke und manch lockerer Spruch, dann rechts rum in den Steintorwall – wie gut, daß es da erstmal bergab geht – und nun wird es auch richtig schnell. Auf der Geraden je nach Wind zwischen 40 und 50 km/h, Ministeigungen locker weggedrückt, Puls so langsam bis 165 hoch, aber alles im erträglichen Rahmen. Ich wollte ja auch nicht fix und fertig an der Köhlbrandbrücke ankommen wie im letzten Jahr. Und so war es dann auch kein Problem, mit dem großen Blatt (50er) dort hochzufahren. Wichtiger noch: Ich war oben auch nicht so halbtot wie letztes Jahr, sondern noch fast voll bei Kräften. Denn letztes Jahr habe ich erst nach der Köhlbrandbrücke den Anschluß verloren, kleinste Anstiege – die sind da wirklich nur klein – haben mir damals den Zahn gezogen. Dieses Mal konnte ich relativ locker in der Gruppe bleiben.

Bei Ehestorf kam die nächste kleine Steigung, aber auch auf diese war ich recht gut vorbereitet – ich bin ja nicht umsonst in den Wochen zuvor von Kahla aus nach Lengefeld hochgeklettert. Allerdings ist das im Renntempo schon was anderes, oben angekommen war ich dann doch recht leer.

Bis zum südlichsten Punkt der Strecke war es wellig, aber es galt bei jeder noch so kleinen Steigung dranzubleiben, denn ich hatte vorher schon ausgekundschaftet, daß der – leichte – Wind aus Richtung Süden blies. Das möchte keiner allein fahren. So nach und nach wurde es aber immer flacher, immer angenehmer, ich hatte mir auch noch zwei Portionen Gel gegönnt.

Leider blieb kaum eine Gruppe länger als jeweils 10 Minuten zusammen. Einige fielen zurück, andere kamen von hinten dazu, ab und zu war es auch recht eng, gerade wenn sehr langsame Fahrer überholt werden mußten. Manche waren bei der Hälfte schon richtig platt. Andere eher unaufmerksam. Einer wollte genau da fahren, wo ich schon fuhr, wollte sich vom kaum vorhandenen linken Straßenrand her von hinten in meine Position drücken, aber da war ich ja schon. Und so wollte das 55kg-Bübchen etwas drücken, hahaha … War knapp, für ihn mehr als für mich, er wäre beinahe an einen Pfosten gefahren, ich bin aber auch etwas ins Trudeln gekommen, konnte mich aber halten.

Und nun ging es ja erwartungsgemäß so richtig los, wenn freie Fahrt war, dann richtig, so um die 45-50 km/h, und erstaunlicherweise konnte ich da auch hin und wieder mit für Tempo sorgen. Das hat mich insofern verwundert, da für mich bei meinen Trainingsfahrten Geschwindigkeiten um die 50 km/h eigentlich schon „Sprint“ heißen. Im Rennen ging es aber, zumindest mehrmals über ca 500m, und ich konnte mich auch recht schnell von dieser Führungsarbeit erholen.

Irgendwie ist bei der Fahrt durch Harburg die ganze Ordnung durcheinander geraten. Kurven fahre ich nicht ganz so schnell wie die Konkurrenz, und da ist wohl manch stärkerer Fahrer nach vorn abgehauen und ich blieb mit einer recht müden Gruppe zurück. Schlimmer noch, es wurde zeitweise recht eng, vorn wurde kaum richtig Tempo gemacht, es waren kaum mehr als 35 km/h. Für mich und ein paar andere Fahrer ging es fast in den GA-Bereich, aber wir kamen auch nicht nach vorn, die anderen waren einfach stur und ließen keinen durch. Tja, Freunde, was macht man da???

Kurz vor Hamburg (oder schon innerhalb?) ging es etwas auf und ab und hin und her, endlich kamen wir da durch und konnten wieder Druck machen. Die „Blockierer“ waren sichtlich fertig und haben sich dann auch nicht mehr richtig ranhängen können. Jedenfalls hat es dann für einen vielleicht 10-minütigen Endkampf gereicht, allerdings waren meine Glukosevorräte nach mehreren Kurven und damit Antritten auch schon spürbar am Ende. Durch die City gekämpft, unterm Strich vielleicht genauso viele überholt wie mich überholt haben, in die recht holprige Mönckebergstraße rein, nochmal gekämpft, die Atmosphäre auf der Zielgeraden genossen – der Streckensprecher hat wohl jeden kleinen Spurt wie das Ende einer TdF-Etappe zelebriert – und dann war es auch schon vorbei. Ausrollen, Transponder zurück, Erdinger einzischen lassen, runterkommen, das war’s.

Zum Schluß reichte es zu einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 38,38 km/h. In meiner Altersklasse habe ich Platz 704 von 3654 Teilnehmern, ingesamt Platz 1493 von 8707. Ohne die Trödelkilometer wäre bestimmt noch mehr gegangen, etwas mehr Tempohärte und dazu weniger Gewicht hätten mich in die Lage versetzt, einer der schnelleren Gruppen zu folgen. Ich gehe insgesamt davon aus, daß ich im kommenden Jahr wiederum eine Steigerung meiner Leistungsfähigkeit nachweisen kann. Planungen laufen.

Die Technik hat insgesamt einwandfrei funktioniert, der neue Laufradsatz (Vision TriMax T30) hat meinen Erwartungen entsprochen. Ich denke aber, daß die Technik im Bereich der Jedermänner etwas überbewertet wird. Da sind genug Fahrer mit sichtbar alten Hobeln an den Start gegangen, in meinem Startblock war Carbon auch eher die Ausnahme. Auf der Strecke war auch kaum zu spüren, daß die besseren Rennräder generell schneller waren, letztlich waren es die Leistungsunterschiede zwischen den Fahrern, die die Unterschiede ausmachten.

Fazit: Spaß hat’s gemacht, ich bin etwas schneller geworden, habe mich über weite Strecken deutlich besser, leistungsfähiger als im Vorjahr gefühlt. Und nächstes Jahr bin ich wieder mit dabei.

Über rennradopa

Ein Opa mit einem Rennrad. Hier wird selbst gedacht und selbst gemacht.
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2 Antworten zu Meine Cyclassics 2012

  1. alionsonny schreibt:

    Liest sich ungemütlich. Gel fressen, Glukosekram, sich hetzen etc. Da bleib ich lieber beim gemütlichen Radwandern 😉

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  2. Martin Danberg schreibt:

    Klingt nach einem klasse Geburtstag. Glückwunsch zum gelungenen Rennen und nachträglich zum Geburtstag. 🙂

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